Eine einfache Anleitung, wie du Paartänze auch alleine üben kannst

Tanzen zu üben ist nicht einfach. Paartänze alleine zu üben, ist sogar noch viel schwieriger. Mit den Tipps, die du hier erfährst, kann das Üben allein jedoch sehr reizvoll sein. Einige der Herausforderungen, die wir meistern müssen, sind zu wissen, woran wir arbeiten sollen, wie wir uns selbst Feedback geben können und wie wir das alles so spannend machen, dass wir immer Lust darauf haben.

Hier erfährst du, welche Hilfsmittel du nutzen kannst, wenn du Lindy Hop alleine übst, was du üben kannst und welche Denkweise dir helfen wird, als Tänzer:innen zu wachsen. 

Ein Gerät das Musik abspielt

Am besten fängst du damit an, dass du ein Gerät hast, das Musik abspielt. Die häufigste Wahl ist wohl ein Laptop oder ein Smartphone. Das Tolle an einem Gerät mit Zugang zu einem Webbrowser ist, dass du schnell auf die Lieder zugreifen kannst, die dir gefallen. Aber du hast auch Zugang zu anderen Tools wie einem digitalen Metronom. Wenn du in deinem Browser nach “Metronom” suchst, findest du mehrere Optionen. Bei Bedarf kannst du mit einer Software deine Musik verlangsamen oder beschleunigen. Oder schau dir auf youtube ein Video an, um dich zu inspirieren. Wenn du in deinem Browser nach einem “bpm-Rechner” suchst, kannst du schnell auf ein Tool zugreifen, mit dem du das Tempo deiner Lieder bestimmen kannst. Aber noch wichtiger ist, dass du aktiv historische Recherchen durchführst, um mehr über den Hintergrund der Schritte und Ideen zu erfahren, die du lernst. 

Aktionsschritt: Erstelle einen Favoriten-Ordner in deinem Browser, in dem du die Links zu den Ressourcen speicherst, die du für dein Training nutzen willst. Auf diese Weise musst du beim Üben nicht zu viel Zeit mit der Suche nach ihnen verbringen.

Ein Notizbuch

Etwas zu haben, in das du deine Gedanken schreiben kannst, ist ein wirksames Hilfsmittel, um dir beim Üben zu helfen. Du kannst damit ein Tagebuch führen, in dem du deine Gedanken, Erfahrungen und Ideen festhältst, die dir in den Sinn kommen. Für die Motivation beim Üben ist es jedoch sehr hilfreich, wenn du deine Ideen für das Üben aufschreibst, BEVOR du mit dem Üben beginnst. Wenn du unvorbereitet in eine Übungsstunde gehst, ist das Risiko zu groß, dass du dich überfordert und uninspiriert fühlst. Die Trainingseinheiten können zu schnell aus ein paar zufälligen Ideen bestehen, die sich schnell sinnlos anfühlen. Du beendest dein Training zu früh und gehst mit einer schlechten Erfahrung heraus, die dir den Einstieg in die nächste Trainingseinheit emotional erschweren.

Aktionsschritt:

  1. Trenne die Planung von den Übungen
  2. Nimm dir für jede Trainingsstunde mindestens 30 Minuten Zeit, um zu planen, was du trainieren willst.
  3. Suche während der Planungsphase nach Inspirationen, Ideen und Taktiken für das, was du üben willst.

Eine Kamera

Dieses offensichtliche und oft übersehene Hilfsmittel ist eine hervorragende Methode, um den Analyseprozess vom eigentlichen Tanzen zu trennen. Mir ist aufgefallen, dass diejenigen, die sich nicht als “professionelle” Tänzer:innen betrachten, nicht zu ihrem Smartphone greifen, um sich beim Tanzen zu filmen, und damit dieses wichtige Werkzeug für visuelles Feedback weglassen. Wenn du dich noch nie gefilmt hast, brauchst du vielleicht etwas Zeit, um dich daran zu gewöhnen. 

Vor allem wenn du alleine übst, ist das Filmen besonders wirksam, denn wenn es um neue Bewegungen und Ausdrucksweisen geht, können wir uns nicht allein auf unser inneres Gefühl verlassen, um Feedback zu bekommen. Die meisten neuen Bewegungen fühlen sich für uns ungewohnt und fremd an. Stell dir vor, du willst tanzen lernen, indem du die Art und Weise veränderst, wie du Schritte machst, deinen Körper trägst oder eine Bewegung angehst. In diesem Fall musst du vielleicht erst einmal aushalten, dass du dich komisch und unbeholfen fühlst, bevor es dir vertraut, bequem und “richtig” vorkommt. Wenn du dich beim Tanzen aufzeichnest, kannst du eine andere Perspektive einnehmen. So kannst du sehen, ob das, was du tust, dich deinen Zielen näher bringt oder nicht. Das Visuelle stimmt vielleicht nicht mit dem Emotionalen überein, aber beides kann dir dabei helfen, herauszufinden, wie du dich weiterentwickeln willst. 

Aktionsschritt: Wenn du noch kein Stativ hast, solltest du dir eins anschaffen. Das hat einen großen Einfluss darauf, ob du dein Tanzen Aufnehmen und Beobachten wirst. Wenn du dir kein Stativ leisten willst, kannst du auch kreativ sein und dein Handy mit Hilfe von Stützen in den richtigen Winkel bringen. Achte aber darauf, dass dein Handy nicht über die Kante eines Stuhls oder Tisches kippt und kaputt geht.

Requisiten

Du kannst auch Requisiten für dein Training verwenden. Eine Requisite kann zum Beispiel ein Gegenstand sein, den du auf den Boden legst, um dir ein externes Feedback zu geben, während du dich bewegst. Dieses Feedback kann dir dabei helfen, deine Bewegungen besser zu korrigieren. Du könntest zum Beispiel Linien auf den Boden kleben, auf denen du tanzen willst oder die du nicht berühren darfst. Du könntest Seile und Gummibänder verwenden, die die Hand eines Partners repräsentieren, um “verbundene” Bewegungen zu trainieren. Oder du könntest Wände, Türen, Tische und Stühle benutzen, um Objekte zu schaffen, die deine Übung auf unterschiedliche Weise unterstützen. 

Aktionsschritt: Plane, was du für ein bestimmtes Ziel brauchst. Aus unserer Erfahrung heraus empfehlen wir dir jedoch nicht, die Tanzerfahrung mit einem Partner mit diesen Objekten nachzustellen, sondern dich auf bestimmte Konzepte zu konzentrieren, die du verfeinern möchtest. 

Wenn du immer noch nicht weißt, wie du diese Tools nutzen kannst, um Lindy Hop ohne Partner zu üben, kannst du unseren “Skills and Drills for Leaders and Followers” – Kurs nutzen. In diesen Kursen führen wir dich durch viele Ideen, wie du Lindy Hop ohne Partner üben kannst. Außerdem stellen wir den ersten Kurs der “Skills and Drills” in unserer Gratis-Video-Serie für erfahrene Tänzer kostenlos zur Verfügung: https://swingstep.com/classes/free-lindy-hop-videos-for-experienced-dancers/.

Was können wir üben, wenn wir alleine üben?

Vor allem beim Partnertanz mag es so aussehen, als ob man nicht alleine üben kann. Wie kann dir alleine zu üben helfen, deinen Partnertanz weiter zu erforschen? Hier sind einige Ideen:

Lerne, welche Lieder für Lindy Hop grundlegend sind und lerne sie. 

Die Musik zu hören und sich von dieser Erfahrung bei vielen Bewegungen und Entscheidungen leiten zu lassen, ist ein guter Anfang, wenn es darum geht, diesen Paartanz allein zu üben. Die Musik spielt sowohl für den Leader als auch für den Follower. Es ist also hilfreich, mit den Liedern bestens vertraut zu sein, egal in welcher Rolle du normalerweise tanzt. 

Informiere dich auch über den historischen Kontext der Lieder. Wer waren die Songschreiber und Komponisten? Was sind die bekannten Interpretationen dieser Lieder? Wie verändert sich das Lied von Version zu Version? Welche Version ist deine Lieblingsversion? 

Lerne diese Lieder so gut wie möglich auswendig. Schau zum Beispiel, ob du die Melodie singen kannst (ungefähr reicht aus). Welcher musikalischen Struktur folgt es? Welche melodischen Verläufe gibt es in diesem Stück und welche Riffs sind dominant? Und ganz wichtig: Versuche das Lied Grundsätzlich zu verstehen. Du wirst bald merken, wie sehr sich die Qualität deines Tanzens verbessert, wenn du zu einem Lied tanzt, das du gut kennst, im Vergleich zu einem Lied, das du weniger gut kennst. 

Entwickle deine eigenen Ideen, wie du dich bei verschiedenen Liedern ausdrücken möchtest.

Überlege zum Beispiel, welche Bewegungen und Gesten beim Tanzen für dich funktionieren. Wie willst du deine Bewegungen variieren, wenn du zu anderen Instrumenten tanzt? Versuche zum Beispiel herauszufinden, wie du dich in einem Lied mit viel Schlagzeuganteil anders bewegen kannst als in einem mit viel Trompete. Oder was ist, wenn das Lied die 8 und die 1 betont? Würdest du dort etwas anders machen? Mit anderen Worten: Baue dir ein Repertoire an Bewegungen auf, die du beim Tanzen mit einem Partner weiter ausprobieren möchtest.

Verbessere dein Rhythmusgefühl.

Die rhythmische Qualität hängt von mehreren Faktoren ab, die zusammenkommen. Einige dieser Faktoren sind: 

Deine rhythmische Stabilität, während du dich durch verschiedene Bewegungen mit steigendem Schwierigkeitsgrad bewegst. Um dies zu üben, kannst du ein Metronom benutzen, um zu sehen, wie konsequent du den Rhythmus beibehältst und nicht versehentlich schneller oder langsamer wirst, während du deine Bewegungen durchläufst. 

  • Verbessere deine Fähigkeit Triplets und Triple Steps zu tanzen und lerne wie du “hinter dem Beat” tanzt. 
  • Du kannst Nuancen erzeugen indem du z. B. die “and” oder “a” ‘s zwischen den Beats betonst. 
  • Sieh dir an wie du den Rhythmus in deinem ganzen Körper zum Ausdruck bringst, auch wenn du das Video stumm schaltest (vorausgesetzt, du hast dich beim Tanzen gefilmt und schaust es dir an).

Erforsche auch außergewöhnliche Formen und Winkel.

Vor allem, wenn du alleine übst, ist das der perfekte Zeitpunkt, um Ideen zu entwickeln, die vielleicht zu “abgehoben” sind. Manchmal kann es abschreckend sein etwas Neues und Andersartiges im Beisein Anderer zu erforschen . Wenn du alleine übst, kannst du sehen, wie es aussieht, wenn du ganz andere Haltungen und Formen einnimmst, die du sonst (zunächst) nicht mit anderen Tänzern im Raum ausprobieren würdest.

Visualisiere den Paartanz – Schattentanz

Es ist wirksam, die Muster und Schritte des Paartanzes mental zu verstehen, auch wenn du nicht mit einem Partner tanzt. Diese Fähigkeit kann dir in allen möglichen Situationen sehr helfen. Wenn du dir zum Beispiel vorstellst, wie sich dein Partner im Raum bewegt, kannst du deine Positionierung besser auf deinen Partner abstimmen. Allerdings kann sich dieser Prozess schnell seltsam anfühlen, wenn du wenig Erfahrung mit der Visualisierung der Bewegungen deines Partners hast. Behandle dies einfach wie das Training jeder anderen Bewegung. Fang ganz von vorne an und gehe nicht davon aus, dass du die gleichen Muster auch ohne Partner tanzen kannst, nur weil du sie schon oft mit einem Partner getanzt hast. Übe stattdessen die Bewegungen von Grund auf, als würdest du sie zum ersten Mal lernen, und arbeite daran, dir komplexe Partnerbewegungen ohne Partner besser vorstellen zu können. Du solltest in der Lage sein, deine Bewegungen und Schritte vollständig zu tanzen, während du dir die Bewegungen und den Rhythmus deines Partners klar vorstellst. Wir nennen das gerne “Shadow Dancing”. Wenn du in der Lage bist, deine:n Partner:in zu visualisieren, kannst du auch anfangen, Ideen für neue Bewegungen und Sequenzen zu entwickeln. 

 

Wenn du Ideen zum Üben deiner Musikalität suchst, schau dir unseren Kurs ” Musicality Training” an. Hier zeigen wir dir, wie du dein Rhythmusgefühl und verschiedene musiktheoretische Konzepte verbessern kannst. Außerdem stellen wir die gesamte erste Lektion dieses Kurses in unserer Gratis-Video-Serie für erfahrene Tänzer:innen zur Verfügung: https://swingstep.com/classes/free-lindy-hop-videos-for-experienced-dancers/.

Dein Mindset fürs Lernen

Wenn du jemals von anderen gehört hast oder dich selbst dabei ertappt hast, dass du etwas gesagt hast wie: 

  • “Das ist nicht meine starke Seite.”
  • “Oh wow, du bist so schlau.”
  • “Du tanzt so schön, du musst talentiert sein.”

Du oder die Person, die du gehört hast, ist in einen Moment der “fixen Denkweise” gefallen. Ich habe dieses Konzept in dem hervorragenden Buch “Mindset: The New Psychology of Success” von Carol Dweck. In diesem Buch stellt Carol Dweck die Idee vor, dass wir eine “fixe” und eine auf “Wachstum” ausgelegte Denkweise haben und dass es beim Lernen sehr hilfreich ist, eine “Wachstums” Denkweise einzunehmen, wie der Name schon sagt. 

Obwohl ich schon immer stolz darauf war, ein “Growth Mindset”-Typ zu sein, hat mich vor allem der Gedanke beeindruckt, dass wir nie nur “eins” sind. Stattdessen kann unsere Denkweise je nach den Umständen mehr oder weniger fließend sein. Ich habe mich zum Beispiel beim Singen immer für unbegabt gehalten. Ich liebe es zu singen, aber ich bin nicht gut darin. Aber jetzt weiß ich, dass selbst die Formulierung “talentiert” oder “das ist nichts für mich” auf eine “fixe Einstellung” in diesem Bereich meines Lebens hindeutet. 

Stattdessen ist es auch Fakt, dass ich in einer Familie aufgewachsen bin, die das Tanzen liebte und viel mehr betonte als das Singen. Ich hatte nie eine Gesangsausbildung und habe auch nie versucht, Gesangstechniken mit so viel Hingabe zu lernen, dass sie etwas bewirkt hätten. Es wäre also angemessener zu sagen, dass ich noch nicht gut singen kann und mich nicht bemüht habe, es zu lernen. Ich finde das Wort “noch” sehr stark, denn es impliziert, dass ich es lernen kann, wenn ich will. 

Nun zurück zum Tanzen. Wo hast du festgestellt, dass du eine fixe Denkweise hast? Du könntest zum Beispiel sagen: “Ich bin nicht gut in den Solos” oder “Musikalität ist zu schwer für mich; ich mag nur [füge das ein, worin du dich im Tanz gut fühlst]. ” 

Tanzfähigkeiten werden uns nicht in die Wiege gelegt (fixiert). Sie entstehen vielmehr durch die Arbeit, die wir in das Erlernen der Fähigkeit stecken (Wachstum). 

Wenn wir beim Tanzen mit einer Herausforderung konfrontiert werden, versuchen wir dann, diese zu vermeiden (fixiert)? Geben wir leicht auf (fixiert)? Oder nehmen wir die Herausforderung an (Wachstum) und zeigen Ausdauer (Wachstum)? 

Sehen wir den Aufwand als etwas an, das unnötig ist (fixiert)? Etwas, das man nur tut, wenn man nicht gut genug ist (fixiert)? Oder als einen wichtigen schritt auf dem Weg zum Können? 

Wenn wir Feedback zu unserem Tanzen erhalten, werden wir dann defensiv und nehmen es persönlich (fixiert)? Oder sehen wir es als etwas Wertvolles, das uns helfen kann zu lernen und uns zu verbessern (Wachstum)?

Wenn wir das Gefühl haben, dass wir keine Fortschritte machen, schieben wir die Schuld auf andere und lassen uns entmutigen (fixiert)? Oder nutzen wir es als Weckruf, um uns beim nächsten Mal mehr anzustrengen (Wachstum)? 

Ein weiterer Punkt, der in Carol Dwecks Buch hervorgehoben wurde, ist, wie einflussreich wir sein können, wenn wir eine fixe oder wachsende Denkweise an die Menschen um uns herum weitergeben. Wir betonen zum Beispiel die Wachstumsmentalität, indem wir unser Lob auf Anstrengungen, Prozesse und Strategien statt auf Ergebnisse und Talente konzentrieren. Wir können darauf abzielen, unsere eigene oder die Wachstumsmentalität anderer zu fördern, anstatt danach zu streben, das Selbstwertgefühl zu steigern. Auch kleine persönliche Feiern können dazu beitragen, unsere Wachstumsmentalität zu stärken. Es ist jedoch wichtig, dass es bei der Feier um den Prozess und die Anstrengung geht und nicht um das Ergebnis selbst. 

Damit hast du jetzt ein paar Werkzeuge und Ideen, um mit dem Tanzen anzufangen. Das Tolle daran, alleine zu üben, ist, dass du nicht auf jemanden warten musst. Du kannst es tun, wann immer du willst. Vielleicht nimmst du dir sogar jetzt schon ein paar Minuten Zeit und planst eine Session.